Sichtbar werden.
13.2.24
Wir alle wissen schon seit vielen Jahren, dass rechtsextreme Parteien immer mehr Unterstützung bekommen. Hier bei den Bücherpiraten merken wir schon lange, dass das den jungen Menschen hier im Haus Angst macht und es für sie völlig unverständlich ist. Deshalb haben wir in den letzten Jahren verstärkt den Aspekt der Demokratieförderung in unseren Projekten berücksichtigt, mit dem Ziel Kindern und Jugendlichen, Werkzeuge in die Hand zu geben, wie sie sich in den demokratischen Dialog einbringen können.
Nachdem nun im Januar die Recherche des Journalisten-Kollektivs correctiv.org veröffentlicht wurde, in der über Pläne der AfD zur Deportation von Menschen aus Deutschland bekannt geworden sind, wird es Zeit für uns, noch sichtbarer für Demokratie, Vielfalt und Menschenrechte Position zu beziehen.
Denn es ist sehr verstörend und beängstigend, Nachrichten über das, was Rechtsextremist*innen denken, sagen und tun dürfen, auszuhalten. Gleichzeitig ist es irritierend, dass in Gesprächen schnell kommt: "Ich schaffe es nicht, mich darum zu kümmern. Das muss die Politik tun. Ich wähle die ja nicht."
Ja, schon. Und: Die Politik sind wir. Das sind keine abstrakten Personen, sondern Menschen, die auf Signale reagieren, die sie aus der Gesellschaft empfangen. Im Augenblick hören „die da oben“ sehr laut Meinungen von Menschen, die aus Angst vor Veränderung lieber die Demokratie abschaffen wollen. Auf der anderen Seite sind diejenigen Menschen, für die Veränderungen auf dem Weg zu einer klimafreundlichen, gerechteren Gesellschaft extrem wünschenswert sind, die aber aus Überforderung still werden – und deshalb nicht zu hören sind.
Nicht alle können und müssen Aktivist*innen werden. Aber wir alle könnten z.B. Mails an unsere Abgeordneten schreiben, in der steht, was wir denken, was wir uns wünschen. Wir können social-media nutzen und auf Demos gehen, um sichtbar zu machen, welche Gesellschaft wir uns wünschen, wir können Petitionen unterschreiben, Gespräche führen und Ideen austauschen, was jede*r tun kann. Jede*r kann das Maß an Öffentlichkeit steuern.
Wenn wir aber alle, die wir in einer freiheitlichen Demokratie leben wollen, schweigen und hoffen, irgendwer wird sich schon kümmern, dann werden Kinder überhaupt und auch die Kinder und Jugendlichen, die hier bei den Bücherpiraten Demokratie üben, nicht mehr in einer Demokratie und einer Welt aufwachsen, in dem die Würde eines jeden Menschen unantastbar ist.
Und ja, gerade hier in unserer Bücherpiraten-Blase sind sehr viele, die Dinge für die Demokratie tun. Wie gut, dass das so ist. Danke an euch dafür. Gleichzeitig: Wir müssen sichtbarer werden.
Die aktuelle Sonntagsumfrage sagt der AfD Prozente zwischen 18 und 23 voraus. Nehmen wir mal zwanzig: Das bedeutet, dass jede*r 5. überlegt, rechtsextrem zu wählen. Wollen wir wirklich zusehen und es nur „den anderen“ überlassen, was dagegen zu tun? Wir denken, dass ist uns zu gefährlich. Deshalb: Sichtbar werden.
Anfang Februar waren viele von uns Bücherpirat*innen auf den Demos und Mahnwachen dabei und es war so fast überwältigend zu spüren, gemeinsam mit tausenden Menschen für die Demokratie, für Vielfalt, für Menschenrechte auf der Straße zu sein. Die Atmosphäre war geprägt von Freundlichkeit, Offenheit und Wohlwollen. Ganz anders, als wir es jeden Tag in den Medien erzählt bekommen, in denen von Gegeneinander und Polarisierung geschrieben wird.
Diese Erfahrungen sind es, die uns helfen, den Extremist*innen im Land die Macht zu nehmen. Denn vor der gelebten Wertschätzung füeineinander haben sie Angst, denn dort kann ihr Narrativ vom "alle gegen alle und jede*r für sich selbst" nicht verfangen. Deshalb müssen wir weitermachen: nicht nur auf der Straße, sondern auch beim Familientreffen, im Büro, im Freundeskreis.